CSR und Plastikvermeidung bei cosnova

Silvia Steinert und Maximilian Peters im Interview

Das mittelständische Unternehmen cosnova aus Hessen bietet Kosmetikprodukte und verankert sein Nachhaltigkeitsengagement seit 2016 strategisch. Ein Engagementfeld bilden die Vermeidung von Plastik und der Einsatz von recyceltem Plastik bei den Verpackungen und in der Produktpräsentation. CSR MAGAZIN sprach mit Silvia Steinert, Director Corporate Responsibility bei cosnova, und Maximilian Peters, Senior Manager Corporate Responsibility.

CSR MAGAZIN: Wie strategisch ist CSR im Unternehmen cosnova verankert?

Silvia Steinert: Im Jahr 2016 haben wir einen umfangreichen Strategieprozess gestartet. In über 900 Stakeholder-Interviews mit externen Partnern, Verbänden, Bloggern, Handelskunden und Mitarbeitern haben wir geschaut, welche Nachhaltigkeitsthemen für sie im Fokus stehen.

Neben den sozialen Initiativen konnten wir drei weitere Themen als wesentlich identifizieren: die Unbedenklichkeit der Produkte, Zero Waste im Verpackungsbereich und die Arbeitsbedingungen bei den Geschäftspartnern.

2019 haben wir den Sustainability Board ins Leben gerufen – mit der Geschäftsführung sowie Vertretern unterschiedlicher Bereiche und Marken. Wir treffen uns alle sechs Wochen, bewerten die Umsetzung des Geplanten und planen die nächsten Schritte

Ein vieldiskutiertes Thema ist die Verantwortung in der Lieferkette. Was bedeutet das für Ihr Unternehmen?

Maximilian Peters: Wir arbeiten mit einem festen Stamm an Lieferanten zusammen und unsere Produkte kommen zu 90 Prozent aus Europa. Der Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten liegt ein Code of Conduct zugrunde.

Und fast alle unsere unmittelbaren Zulieferer durchlaufen ein EcoVadis-Rating – nur die ganz kleinen bleiben außen vor. Das Rating ermöglicht erste Schlüsse dazu, wie nachhaltig ein Unternehmen aufgestellt ist, welche Policies und Prozesse dort zur Anwendung kommen. Das ergibt ein erstes “Grundrauschen”, allerdings auf der Grundlage einer reinen Desktop-Analyse.

Bei risikobehafteten Lieferanten beauftragen wir – auf dem Hintergrund unserer Sorgfaltspflicht – Elevate mit der Durchführung von Vor-Ort-Audits. Das betrifft etwa umsatzstarke Zulieferer aus osteuropäischen und asiatischen Ländern. Zudem machen wir uns selbst regelmäßig ein Bild vor Ort und tauschen uns mit den Lieferanten aus.

Wir arbeiten daran, über die Zulieferer aus der ersten Reihe – die Tier-1-Lieferanten – hinauszuschauen und haben mit TrusTrace einen Partner gefunden, mit dem wir nun in einem Piloten unsere tiefere Lieferkette genauer unter die Lupe nehmen wollen, denn mit einem E-Mail-Austausch ist es nicht getan. Dabei geht es uns auch darum, bei einer Unterbrechung der Lieferkette besser aufgestellt zu sein.

Erleben Sie bei Ihren Stakeholdern ein wachsendes Interesse an CSR-Themen?

Steinert: Noch vor fünf Jahren ging es überwiegend darum, dass ein Produkt schön aussieht und tut, was es soll. Und ja, heute hat das Thema CSR eine deutliche Dynamik erfahren: Mitarbeiter, Endkunden, Handelsketten – von vielen Seiten erreichen uns detailliertere Nachfragen. Besonders die Transparenz ist dabei ein großes Thema – aktuell befeuert durch die Corona-Pandemie. Auch deshalb wollen wir zukünftig über den Tier-1-Lieferanten hinaus auskunftsfähig sein.

Zu den wichtigsten Stakeholdern eines Unternehmens gehört die Belegschaft. Wie ist das Interesse dort?

Steinert: Auf unserem Weg zu nachhaltigeren Produkten wollen wir alle Mitarbeiter mitnehmen, sie über Nachhaltigkeitsthemen informieren und sie dafür begeistern. Alle vier bis sechs Wochen findet ein Info-Meeting statt und wir sind mit unseren Themen bei vielen dieser Meetings präsent. Zusätzlich haben wir zum Beispiel die Meetingräume umgestaltet und Wände mit Informationen bestückt, um möglichst transparent zu sein. Im Rahmen der Info-Meetings laden wir auch externe Expertinnen und Experten ein, um so den Kolleginnen umfassende Informationen zu bieten: Um was geht es, was sind die Herausforderungen und was tut cosnova, um seinen Beitrag zu leisten?

Zudem haben wir vor einigen Jahren begonnen, das Thema Corporate Volunteering zu spielen. Jeder Mitarbeiter erhält zwei Tage pro Jahr und Zugang zu einer Plattform der NGO Votel, auf der er gemeinnützige Organisationen findet, mit denen er sich engagieren kann.

Ein Instrument zur Verankerung von CSR ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Steinert: In Sachen Nachhaltigkeitsberichterstattung sind wir nicht berichtspflichtig; 2018 haben wir aber erstmals freiwillig nach dem Standard des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) berichtet.

Lassen Sie uns über Plastik und Plastikvermeidung sprechen und bei dem Mikroplastik in Ihren Produkten beginnen.

Steinert: Seit 2017 verzichten wir auf den Einsatz von Mikroplastik als Peeling-Mittel. Und seit 2018 arbeiten wir am Ersatz von Mikroplastik in allen unseren Rezepturen. Das ist insbesondere in den Bestselling-Produkten eine große Herausforderung. Seit April kümmert sich eine Kollegin speziell darum.

20 Prozent unserer Rezepturen enthalten noch Mikroplastik. Seit diesem Jahr sind alle Neuentwicklungen Mikroplastik-frei und 2025 soll das für alle unsere Produkte gelten.

Warum ist der Ersatz von Mikroplastik so kompliziert?

Peters: Mikroplastik wird aus den unterschiedlichsten Gründen verwendet. Unsere Herausforderung ist: Beim Verzicht auf Mikroplastik muss die Produktleistung gleichbleiben. Was wir verkaufen, muss seinen Zweck erfüllen. Das gilt insbesondere für Produkte, die unsere Kunden seit Jahren nutzen.

Alternativen könnten Zellulose oder Stärke aus Reis oder Mais sein. Die Herausforderungen sind komplex. Wir haben ein hohes Interesse daran, Mikroplastik so schnell wie möglich zu ersetzen. Unser Ziel 2025 hört sich noch weit weg an. Da wir aber bei Neuentwicklungen auf den Einsatz von Microplastik verzichten, reduziert sich dessen Anteil in unserer Produktpalette schnell.

Wer Kosmetikprodukte in die Hand nimmt, dem fällt als erstes die Plastik-Verpackung auf.

Steinert: Was den Kunststoff in Verpackungen betrifft: Dazu gibt Alternative. Aber auch der heute verwendete Kunststoff ist nicht so schlecht, wie er häufig gesehen wird. Wichtig ist, dass er in Kreisläufen bleibt. Deshalb nehmen wir bereits in der Produktgestaltungsphase Einfluss und achten auf ein „Design for Recycling“: Wir versuchen, auf Mono-Materialien zu achten. Kleine Verpackungen aus fünf oder mehr unterschiedlichen Materialien sind schlecht zu recyceln.

Bis 2025 wollen wir 75 Prozent unserer Produktverpackungen recyclingfähig machen und zugleich 30 Prozent des Verpackungsmaterials einsparen – etwa durch dünnere Wandstärken. Dazu informieren wir unsere Lieferanten und nehmen Einfluss auf die Produkt-Briefings. Wir schärfen das Bewusstsein unserer Design- und Marketing-Kollegen dafür, alles nicht notwendige Material wegzulassen.

Seit 2018 sind wir in der dm-Initiative “Rezyklat-Forum” aktiv; über 30 Industriepartner engagieren sich dort. Ein großes Thema sind die fehlenden Standards für den Rezyklat-Einsatz in der Kosmetikbranche. Solche Standards gibt es für Lebensmittel, in anderen Branchen fehlen sie.

Eine andere Hürde: Es gibt zahlreiche Rezyklate aus PET und PP. Wir arbeiten aber mit einer Vielzahl unterschiedlicher Kunststoffe, und da wäre es hilfreich, wenn auch das Rezyklat-Angebot vielseitiger wäre.

Peters: Wir verkaufen dekorative Kosmetik, die auf Farbvielfalt setzt: Wenn wir mit einem Lieferanten eine Abmusterung gemacht haben, muss das fertige Produkt dieser Farbigkeit entsprechen. Im Moment ist das noch ein großes Ausprobieren. Aktuell haben wir noch keine Produktverpackungen aus Rezyklat auf dem Markt, das wird sich aber im Frühherbst ändern. Dabei müssen wir genau hinschauen, wie viel Rezyklat eingesetzt werden kann, sodass etwa die Kappe noch auf der Flasche hält.

Übrigens: Die Vermeidung von Plastik hört nicht bei den Produktverpackungen auf. Im stationären Handel kommen Verkaufstheken zum Einsatz, die jährlich zweimal umgerüstet werden. Bei den Thekeneinsatzteilen unseres aktuellen Sortiments der Marke Catrice ist es uns durch den Einsatz recycelter Materialien gelungen, 13 Tonnen neu produziertes Material – wir nennen das „Virgin Plastics“ -einzusparen.

Damit Recycling funktioniert, werden Sie die Kooperation Ihrer Kunden benötigen.

Steinert: Unsere Bemühungen wären verloren, wenn sie nicht von den Konsumenten aufgegriffen werden. Denn die richtige Entsorgung unserer Produkte ist von großer Bedeutung. Dazu informieren wir auf unseren Social Media-Kanälen, auf der Corporate-Website und auch auf den Markenseiten finden sich einige Infos.

Ist Rezyklat teurer als “Virgin Plastics”?

Peters: Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Im Moment ist – angesichts des geringen Ölpreises – „Virgin Plastics“ um einiges günstiger.

Sie kooperieren mit der vorwiegend in Indien tätigen NGO “Plastics for Change”. Wie ordnet sich diese Kooperation in Ihre Nachhaltigkeitsstrategie ein?

Steinert: Der Ursprung unserer Abteilung liegt im sozialen Bereich. Im Fokus unseres Kooperationspartners Plastics for Change steht die Verbesserung der Lebenssituation von Menschen, vor allem in Indien. Zudem wird das Problem der Umweltverschmutzung angegangen. In Indien fehlt eine funktionierende Infrastruktur für das Recycling. Dieses Problem sehen wir in vielen Ländern weltweit – etwa auch in Thailand und auf den Philippinen. Das begrenzt die Wirksamkeit der europäischen Plastik-Initiativen. Anfang 2020 haben wir die Kooperation mit Plastics for Change gestartet und zwei Sortierzentren finanziell unterstützt.

Zudem sichern wir uns durch diese Kooperation einen strategischen Partner. Die europäische Kommission hat bereits vor zwei Jahren eine Besteuerung der exzessiven Verwendung von Virgin Plastics angekündigt. Auch das zeigt die hohe Bedeutung von Rezyklaten. Und Plastics for Change bietet hochwertiges Material.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

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