Genossenschaften für ein gemeinschaftliches Wirtschaften

Das Interview mit Stephanie Wild

Gemeinsam für eine nachhaltige und regionale Landwirtschaft einzutreten – das ist ein Gedanke der Solidarischen Landwirtschaft. Stephanie Wild leitet die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins Netzwerk Solidarische Landwirtschaft. Mit ihr sprach Achim Halfmann für das CSR MAGAZIN über die Bewegung.

CSR MAGAZIN: Was ist das Charakteristische der Solidarischen Landwirtschaft?

Stephanie Wild: Grundlage der Solidarischen Landwirtschaft ist, dass sich die Teilnehmenden die Produktionskosten teilen. Die Kosten werden zu Beginn des Jahres vorkalkuliert und nach Abschluss des Jahres wird eine Bilanz erstellt: Kosten für Reparaturen und Treibstoff, Pachteinnahmen und Lohnkosten – alles das wird transparent dargestellt. Das hat auch einen wichtigen Bildungsmoment, dadurch entsteht manches Aha-Erlebnis.

Die Teilnehmerzahlen sind dabei ganz unterschiedlich: Das kann mit 30 bis 40 Teilnehmenden beginnen – und auf Erzeugerseite vielleicht mit einem halben Hektar Gemüseanbau im Nebenerwerb. Teilnehmende sind dann Haushalte – ein Paar etwa mit Kindern – oder Einzelpersonen, die einen Ernteanteil erhalten.

Woher kommt diese Idee – und wie entwickelt sie sich?

Derzeit gründen sich immer mehr, zum Teil auch als Genossenschaften für ein gemeinschaftliches Wirtschaften. Es gibt ein kontinuierliches Wachstum über mittlerweile acht Jahre. Im Schnitt gibt es jede Woche eine Neugründung in Deutschland. Dabei entstehen verschiedene Formen – je nachdem, wer die Initiative ergriffen hat: Es kann auch sein, dass Verbraucher selbst sich zu einem landwirtschaftlichen oder gärtnerischen Projekt zusammenschließen und Landwirte und Gärtner anstellen. Es können aber auch mehrere Betriebe für eine Erzeugergemeinschaft produzieren.

Unser Netzwerk gibt es seit 2011 – dort haben wir den Begriff ‚Solidarische Landwirtschaft‘ geprägt. International gibt es seit etwa 25 Jahren die Bewegung der Community Supported Agriculture. Erste Anfänge in Deutschland gab es in der 80ger Jahren innerhalb der anthroposophischen Bewegung.

Welche Themen beschäftigen Sie als Verband der Solidarischen Landwirtschaft?

Wir brauchen mehr Klarheit, was den Status unserer Betriebe als Kombination aus Lebensmittelherstellung und Solidarprinzip betrifft: Eine Herausforderung dabei ist, dass die Organisationsformen der Solidarischen Landwirtschaft nicht eindeutig einer Rechtsform zugewiesen werden können. Das hat Folgen etwa für die steuerliche Bewertung. Aktuell tun wir so, als würden wir etwas verkaufen, und zahlen die entsprechende Umsatzsteuer.

Was Richtlinien für Vertrieb und Hygienestandards angeht, so bilden Solidarische Landwirtschaften eigentlich einen geschlossenen Kreislauf. Das wird allerdings von Ämtern regional unterschiedlich gehandhabt. Und eine Genossenschaft zu gründen, das ist für viele Gemeinschaften eine zu hohe Hürde.

Der größte Hemmschuh für die Weiterentwicklung unserer Idee ist fehlender Nachwuchs. Es mangelt an ausgebildeten Fachkräften und es fehlen Ausbildungsgänge, die in Richtung regionale Produktion gehen. Zu lange haben wir keinen Wert auf Menschen gelegt, die mit der Hand oder mit wenig Maschineneinsatz Lebensmittel herstellen können.

Vielen Dank für das Gespräch!

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